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B I Geheimer Rat, Staatsrat und Diplomatisches Departement, 1572-1850 (Bestand)
Identifikationsbereich |
Signatur: | B I |
Titel: | Geheimer Rat, Staatsrat und Diplomatisches Departement |
Inhalt: | 1) Geheimer Rat (1572-1798) 2) Staatsrat (1803-1813) 2) Geheimer Rat (1814-1831) 4) Diplomatisches Departement (1831-1846) |
Entstehungszeitraum: | 1572 - 1850 |
Zusätzliche Begriffe: | Conseil secret, Conseil d'Etat, Département diplomatique |
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Angaben zur Benutzung |
Bemerkungen: | Vgl. Verwaltungsgeschichte |
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Angaben zum Kontext |
Verwaltungsgeschichte: | Der Bestand B I "Geheimer Rat - Staatsrat - Diplomatisches Departement" gehört zweifellos zu den zentralen Beständen des Berner Staatsarchivs. Zahlreiche wichtige Staatsgeschäfte von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis 1846 finden hier ihren Niederschlag. Sowohl die inneren Belange wie auch die äussere Politik Berns werden dabei berührt.
Der Aufbau des Bestandes ist einfach; er folgt weitgehend dem chronologischen Prinzip. Der Reihe nach werden die Manuale und Akten des
Geheimen Rates (16. Jh. - 1798), Staatsrates (1803 - 1813), Geheimen Rates (1814 - 1831) und Diplomatischen Departementes (1831 - 1846)
aufgeführt. Es handelt sich mit wenigen Ausnahmen um einen reinen Provenienzbestand, d.h. die Herkunft der Protokollbände und der dazugehörenden Akten ist eindeutig bestimmt.
Jede der vier beteiligten staatlichen Institutionen zeichnete sich durch eine hervorragende Stellung innerhalb des bernischen Regierungssystems aus: der Geheime Rat (im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts auch heimliche Kammer genannt) entstand wohl im 16. Jahrhundert; 1556 wurde er zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Als ständige Behörde trat er seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts auf. Er bestand schon früh aus dem Schultheissen (später dem Altschultheissen) als Präsidenten, dem Deutsch-Seckelmeister, den vier Vennern und den zwei Heimlichern von Burgern. Als vorbereitendes Organ nahm der Geheime Rat innerhalb der bernischen Staatsorganisation eine Sonderstellung ein: in ihm wurden wichtige Vorschläge, besonders die auswärtigen Verhältnisse betreffend, vorberaten. Dazu erledigte er Gegenstände der inneren Politik, auf deren Geheimhaltung man besonderen Wert legte (Geiser, Seite 124).
Als Nachfolgeinstitution des Geheimen Rates wurde nach dem helvetischen Intermezzo (1798-1803) ein Staatsrat ins Leben gerufen. Gemäss Verfassung des Kantons Bern vom 14. März 1803 stand er unter dem Vorsitz desjenigen Schultheissen, welcher Präsident des Kleinen Rates war. Weiter bestand er aus den zwei ältesten und den zwei jüngstgewählten Mitgliedern des Kleinen Rates sowie aus dem Seckelmeister. Das Protokoll führte ein Staatsratssekretär. Ihm war unbedingtes Stillschweigen eidlich auferlegt. Eigenhändig hatte er das Manual zu führen, in welches auf Befehl des Staatsrates gewisse Geschäfte eingetragen werden mussten, die nicht in das ordentliche Protokoll kamen.
Der Staatsrat überragte an Selbständigkeit und Bedeutung die anderen vier Hauptkollegien (Finanzrat, Justiz- und Polizeirat, Kirchen- und Schulrat, Bauamt) bei Weitem und konnte geradezu als rechte Hand des Kleinen Rates gelten. Die ihm zufallenden Aufgaben umschreibt Theodor Brunner in seiner Dissertation "Die Organisation der bernischen Exekutive in ihrer geschichtlichen Entwicklung seit 1803" (Bern 1914) wie folgt:
Seine Befugnisse lassen sich in zwei Gruppen teilen: in die äussern und die innern Geschäfte.
Über die ersten machte er dem KR "gutachtliche Vorträge" und vollzog die daraufhin erteilten Aufträge. Dabei korrespondierte er direkt mit dem schweizerischen Landammann und den übrigen Kantonsregierungen. Ferner schlug er die Tagsatzungsgesandten vor und entwarf die Projekte für die ihnen durch den GR sehr ausführlich erteilten Instruktionen. Schliesslich lag ihm noch die Berichtigung der Kantonsgrenzen und die Unterhaltung der Grenzmarchen ob.
Vielgestaltiger waren die innern Geschäfte. Namentlich die geheime, fast russische Polizei ist es, die ein helles Streiflicht auf die Regierungsmaximen und die Tätigkeit des Staatsrates wirft. |
| In erster Linie wachte er über die Erhaltung der Kantonsverfassung. Sollten Änderungen oder Zusätze daran angebracht werden, so nahm er die Untersuchung und Berichterstattung vor. Er führte die Staats- und die geheime Polizei, die bei Aufwiegelungen, Verschwörungen und Komplotten gegen die Regierung in Tätigkeit trat, und ordnete die erforderlichen Untersuchungen und Verhaftungen an. Über seine Massnahmen hatte er dem KR rechtzeitig Bericht zu erstatten. Ihm lag ob, fremde und einheimische Emissäre, die politisch verdächtig waren, zu überwachen und alle die öffentliche Ruhe störenden, die Existenz der Regierung gefährdenden Verbrechen zu ahnden durch Überweisung an den zuständigen Richter. Zu dem Ende durfte er Verdächtige von sich aus oder durch obrigkeitliche Beamte unter Umgehung des ordentlichen Richters einvernehmen und Widerspenstige durch angemessene Zwangsmittel "zur Gebühr bringen". War die Schuld erwiesen, so konnte er höchstens 25 Prügel oder Gefangenschaft bis zu 7 Tagen verhängen.
Über seine Ausgaben hatte der Staatsrat dem KR alljährlich Rechnung abzulegen, jedoch ohne spezifizierte Angabe der "geheimen Ausgaben", wofür ihm eine jährliche Befugnis von 20'000 Fr. (heute ca. 100'000 Fr.) eingeräumt war.
Mit allen Kollegien, hohen und niedern Beamten, verkehrte er direkt.
Die Ausübung der Zensur war ursprünglich Sache des Justiz- und Polizeirates. Als aber England und Frankreich sich neuerdings befehdeten, weil Napoleon Holland und die Schweiz nicht räumen wollte, empfahl der Landammann der Schweiz, d'Affry, besonders strenge Zensur der öffentlichen Blätter und Zeitschriften. Der Staatsrat schien hierzu das geeignetere Organ zu sein. Die Zensur wurde ihm mit der Ermächtigung zugewiesen, darüber das Zweckmässige zu verfügen. Endlich unterstand ihm das gesamte Wehrwesen.
Das D vom 18.01.1809 übertrug dem Staatsrat die jährliche Bestätigung der Gerichtsstatthalter und Amtsweibel.
Schliesslich fügen wir noch bei, dass der Staatsrat als solcher in den Jahren 1804 und 1810 "vorörtlicher Staatsrat" und damit eine eidgenössische Behörde war. Besondere Organisationsvorschriften über seine daherige Tätigkeit waren nicht geschaffen. In dieser Richtung entwickelte er sich auf Grund von BV 17, der den Präsidenten des Staatsrates, den Amtsschultheissen, der Landammann war, als Zwischenbehörde für die diplomatischen Angelegenheiten bezeichnete. In der Praxis erhielt der Staatsrat namentlich durch die eidgenössischen Angelegenheiten einen unbegrenzten Einfluss, der nicht nur den der andern Departemente, sondern den des KR selbst übertraf.
Das Zeitalter der Restauration liess (wenigstens dem Namen nach) den alten Geheimen Rat wieder aufleben. Er war nach seinen Aufgaben der unmittelbare Nachfolger des Staatsrates. Von Amtes wegen gehörte ihm der regierende Schultheiss als Präsident an. Dazu kamen der Altschultheiss, der Seckelmeister und vier Beisitzer, welche dem Kleinen oder dem Grossen Rat angehören mussten. Als Sekretär waltete ein Geheimratsschreiber. Der Geheime Rat nahm eine ähnliche Stellung ein wie der Staatsrat der Mediation. Ihm oblagen die diplomatischen Angelegenheiten, zudem hatte er für die Innere und äussere Sicherheit des Kantons zu sorgen.
In Zeiten, in denen Bern eidgenössischer Vorort war, amtierte der Geheime Rat auch als eidgenössische Behörde. Er hielt zur Behandlung der vorörtlichen Geschäfte besondere Sitzungen ab. Teils erledigte er die Bundesangelegenheiten selbst, teils untersuchte er sie bloss und erstattete dem Kleinen Rat darüber Bericht. Der Amtsschultheiss wies die Geschäfte zuerst dem |
| Geheimen Rat zu. War ein Antrag an die Stände notwendig, brachte sie dieser mit einem entsprechenden Gutachten vor den Kleinen Rat. In diesem Fall wurde das Sekretariat vom Geheimratsschreiber besorgt. Bei den Sitzungen des Geheimen Rates als eidgenössische Behörde führten der Kanzler der Eidgenossenschaft oder der eidgenössische Staatsschreiber das Protokoll (Brunner, Seite 106/107).
Mit der neuen Verfassung von 1831 wurde die bernische Staatsorganisation grundlegend geändert. Im Gesetz über die Organisation der Departemente des Regierungsrates vom 8. November 1831 wurde der Tätigkeitsbereich der einzelnen Verwaltungen neu geregelt:
Die Departemente des Regierungsrates 1831: I. Diplomatisches Departement II. Departement des Innern III. Justiz- und Polizeidepartement IV. Finanzdepartement V. Erziehungsdepartement VI. Militärdepartement VII. Baudepartement
Das Diplomatische Departement stand an Stelle des bisherigen Geheimen Rates und setzte sich bis 1834 gleich zusammen wie dieser. Gemäss Dekret des Grossen Rates über die Organisation des Diplomatischen Departementes vom 10. Dezember 1834 bestand dieser danach aus einem Präsidenten (von Amtes wegen der Schultheiss), einem Vizepräsidenten und sieben Beisitzern. Ein Dekret aus dem Jahr 1840 setzte die Zahl der Assessoren auf fünf herab. Die Aufgabenbereiche des Diplomatischen Departementes waren, wie diejenigen seiner Vorgänger, weit gesteckt. Die demokratische Gesinnung der Schöpfer der 1831er Verfassung verhinderte indessen eine Vormachtstellung nach dem Muster des Staatsrates oder des Geheimen Rates. Theodor Brunner umschreibt die Kompetenzen des Departements wie folgt:
Das Diplomatische Departement hatte die Geschäfte des Staatsrates und der Archivenkommission übernommen.
Seine frühere selbstherrliche Stellung wurde aber bedeutend eingeschränkt. Wie einerseits der GR kein Übergewicht des RR duldete, so wollte anderseits der letztere in seinem Schosse keine Behörde mehr haben, die ihn in gewissen Richtungen an Bedeutung beinahe übertraf. Das Diplomatische Departement durfte in kantonalen Angelegenheiten keine selbständigen Vorkehren treffen, sondern bloss Anträge an den RR stellen. Die Kompetenz für geheime Ausgaben war ihm entzogen. Dagegen leitete es die Wahlen in den Amtsbezirken ein und untersuchte das Ergebnis derselben. Es war ihm gewissermassen die Eigenschaft eines subsidiären Departements beigelegt. Es hatte nämlich alle Geschäfte und Angelegenheiten des Staates vorzuberaten, die keinem andern Departement ausdrücklich übertragen waren. Diese Bestimmung trug viel dazu bei, das Diplomatische Departement in der Praxis nach und nach doch wieder vor den Unterabteilungen des RR auszuzeichnen. Das Ansehen des Schultheissen und der übrigen Mitglieder mag auch nicht ohne Einfluss gewesen sein.
Die im G vom 08.11.1831 enthaltenen Vorschriften über die Tätigkeit des Diplomatischen Departements in der Zeit, da Bern eidgenössischer Vorort war, kamen nicht zur Anwendung. 1831 und 1832 war Luzern und 1833 und 1834 Zürich Vorort. Massgebend waren die Art. 4-7 des D vom 10.12.1834. Als eidgenössische Behörde führte das Departement den Titel eines vorörtlichen Staatsrates. Die vorörtlichen Geschäfte wurden von ihm beraten und mit seinem Antrag dem RR zur Entscheidung vorgelegt. Angelegenheiten, die keine Anträge an die Stände erforderten oder die ihrer Natur nach nicht gut in weiterem Kreise behandelt werden konnten, erledigte dieser Staatsrat von sich aus. Der Kanzler der Eidgenossenschaft oder sein Stellvertreter, der eidgenössische Staatsschreiber, besorgten nun |
| auch im RR das Sekretariat, wenn er vorörtliche Geschäfte behandelte. Umgekehrt hatte der Sekretär des Departements den Sitzungen im RR und im vorörtlichen Staatsrat beizuwohnen, wenn ihm dazu geboten wurde, und in der eidgenössischen Kanzlei auszuhelfen. Letztere durfte seine Dienste aber nicht missbrauchen.
Das Diplomatische Departement hatte keine "Bureaux".
Zur Beachtung:
Die breit gefächerten, über die Kantonsgrenzen hinausragenden Kompetenzen sowohl des Geheimen Rates wie auch des Staatsrates und des Diplomatischen Departementes bedingen, dass der Benützer von Akten aus dem Archivbestand B I in den meisten Fällen auch andere, parallele Bestände zu konsultieren hat. Insbesondere die Grenzen zwischen dem Bestand B I und den Beständen A I bis A V des Kanzleiarchivs sind fliessend. Dies gilt speziell für Fragestellungen aus dem Bereich der eidgenössischen Politik, wo in jedem Fall die entsprechenden Parallelbestände (eidgenössische Bücher, eidgenössische Abschiede etc.) zu konsultieren sind.
Bern, im Oktober 1985 Mg |
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