BB XI Sanitätswesen, 1825 (ca.)-1951 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Identifikationsbereich

Signatur:BB XI
Titel:Sanitätswesen
Inhalt:Betr. auch Veterinärwesen, Krankheiten der Tiere, Tierseuchen
Entstehungszeitraum:ca. 1825 - 1951
Zusätzliche Begriffe:Gesundheitswesen, santé, sanitaire, vétérinaire, animaux, épizooties

Angaben zur Benutzung

Bemerkungen:Vgl. Verwaltungsgeschichte

Angaben zum Kontext

Verwaltungsgeschichte:Das vorliegende Inventar erschliesst den Pertinenzbestand BB XI, welcher das überlieferte Schriftgut des Staatsarchivs zum bernischen Sanitätswesen, insbesondere zur staatlichen Verwaltungstätigkeit in diesem Bereich, von 1831 bis 1945/(49) umfasst. (Nach 1945 ist das Aktenmaterial der staatlichen Sanitätsverwaltung im Provenienzbestand BB 2: Gesundheitsdirektion archiviert.) Der Bestand bietet eine lückenlose und umfassende Dokumentation über die Entwicklung des öffentlichen Gesundheitswesens im Kanton Bern, das im Verlauf der fraglichen Zeitspanne, einhergehend mit dem allgemeinen Fortschritt in der Medizin, einen stetigen Ausbau erfahren hat.

Im Archivbestand BB XI eingeschlossen sind ebenfalls die Archivalien betreffend die Tiergesundheitspolizei (Viehseuchenpolizei), jedoch nur bis 1906 (Fortsetzung in BB VIb: Landwirtschaft 1831 ff.) Zum Sanitätswesen gehört dem Wesen nach auch die Lebensmittelpolizei; die Akten dazu sind indessen ab 1888 im Archivbestand BB IV: Inneres/Volkswirtschaft 1831 ff. integriert.

Beim inventarisierten Material handelt es sich - betrachtet man seine Herkunft - mit wenigen Ausnahmen um das Schriftgut der verschiedenen staatlichen Instanzen, welchen nach 1831 die Besorgung des Sanitätswesens oblag. Eine Übersicht über die zuständigen Behörden und Institutionen - den Zeitraum ihrer Tätigkeit, ihre hierarchische Stellung und ihre Kompetenzen - vermitteln die folgenden verwaltungsgeschichtlichen Informationen, welche durch entsprechende Hinweise zur Aktenlage ergänzt sind. Die Kenntnis der Aufgaben und Befugnisse der einzelnen Behörden bildet eine wichtige Voraussetzung für die Benutzung ihrer Manuale, Geschäftskontrollen und allgemeinen Aktenserien und ermöglicht es zudem festzustellen, ob darin unter Umständen auch Geschäftszweige, die thematisch nicht zum vorliegenden Pertinenzbestand gehören, enthalten sind. Durch das Erfassen aller mit der Sanitätsverwaltung beschäftigten Behörden lässt sich im Weiteren abklären, ob auch Archivalien anderer Bestände zu berücksichtigen sind - so z.B. die Manuale des Departements des Innern, 1831-1846, in BB IV: Inneres/Volkswirtschaft, 1831 ff.

Es ist vorab gleich festzuhalten, dass das Sanitätswesen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lediglich einen Geschäftszweig bzw. eine Verwaltungsabteilung des Departements des Innern, ab 1846 der Direktion des Innern bildete. Eine eigenständige Sanitätsdirektion besteht erst seit 1899.

Nach Inkrafttreten der Regenerationsverfassung 1831 wurde die Leitung des öffentlichen Gesundheitswesens - dazu gehörten insbesondere die Heilungsanstalten des Staates - durch das Gesetz über die Organisation der Departemente des Regierungsrates vom 8. November 1831 dem Departement des Innern übertragen, welches gleichzeitig für die Volkswirtschaft, sowie das Gemeinde- und Armenwesen zuständig war. In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich der Archivierung darauf hinzuweisen, dass die Akten des Departements des Innern, welche Sanitätsgeschäfte betreffen, im Sinne des Pertinenzprinzips im Bestand BB XI integriert wurden (vgl. dazu Einleitung Bestand BB IV). Das Manual des Departements mit den entsprechenden Geschäftseinträgen befindet sich aber in BB IV: Inneres/Volkswirtschaft
(analoge Situation bei der Direktion des Innern ab 1846).

Dem Departement des Innern unterstand die Sanitätskommission, ein vorberatendes, beaufsichtigendes und vollziehendes Organ gemäss Artikel 8 des erwähnten Organisationsgesetzes. Die Sanitätskommission wurde von einem Mitglied des Departements des Innern, meistens von einem Regierungsrat, nie aber vom
Departementsvorsteher selbst, präsidiert. Sie besorgte die eigentliche Geschäftsführung, welche die Krankenhäuser, Ärzte, Apotheker, Hebammen, Tierärzte, Seuchen unter den Menschen und Tieren und die Gesundheitspflege überhaupt umfasste (Verwaltungs-bericht des Departements des Innern 1831/32, S. 12).
Im Wesentlichen galt ihre Kompetenzen betreffend noch das Dekret über die Organisation des Sanitätsrates vom 17. August 1804 (s. Anhang 1). Die Kommission hatte aber ihre entsprechenden Massnahmen und Verfügungen künftig "vor deren Erlassung dem Departement des Innern vorzulegen und dessen Genehmigung einzuholen" (Weisung vom 24. April 1832; BB IV 13, S. 120).

Als Unterabteilung der Sanitätskommission war das Sanitätskollegium, als Collegium examinatorium und Collegium consultatorium, mit der Prüfung der Ärzte, Apotheker, Hebammen und Tierärzte sowie mit der Ausführung anderer rein wissenschaftlicher Arbeiten betraut (vgl. Dekret vom 24. Juni 1807; Anhang 2). Unter dem Departement des Innern standen im Weiteren, allerdings in eigener, teils unabhängiger Stellung, die Insel- und Ausserkrankenhausdirektion sowie das Inselkollegium (aufgehoben 1843). Ihre Akten werden in den besonderen Beständen "Insel" und "Ausserkrankenhaus" des Staatsarchivs aufbewahrt. Am 16. Juli 1833 beschloss der Grosse Rat zudem die Errichtung einer besonderen Staatsapotheke. Sie hatte das Inselspital und die übrigen vom Staat unterhaltenen Krankenanstalten mit Arzneimitteln zu versorgen und sollte gleichzeitig als Lehranstalt und Musterapotheke dienen (Rechnungen und Inventare s. S. 52 ff.)

Der Wechsel zum Direktorialsystem auf Grund der neuen Staatsverfassung von 1846 hatte, teilweise erst nach einer gewissen Übergangszeit, wesentliche organisatorische Veränderungen in der Sanitätsverwaltung zur Folge. Das Gesundheitswesen, besonders die Leitung der Staatsheilanstalten und die Aufsicht über die Privatheilanstalten wurde, neben der Volkswirtschaft sowie dem Armen- und Gemeindewesen, der Direktion des Innern übertragen (Gesetz über die Organisation und Geschäftsform des Regierungsrates und der Direktionen vom 25. Januar 1847). Sie besorgte künftig die Geschäftsführung selbst; die bisherige Sanitätskommission wurde aufgelöst (RRB vom 8. April 1847). - Die Sanitätsgeschäfte wurden von der Direktion von Beginn weg in ein separates Manual eingetragen. Es gibt nur vereinzelte Einträge im zentralen Direktionsmanual (BB IV 39 ff.). Dies gilt entsprechend für die später einsetzenden Geschäftskontrollen und die Aktenserien.

Die Begutachtung spezieller Fragen betreffend das Medizinalwesen und die Sanitätspolizei, wurde infolge Aufhebung der Sanitätskommission vorläufig, sofern es die Direktion als notwendig erachtete, dem weiterhin amtierenden Sanitätskollegium zugewiesen, welches bisher lediglich für die Prüfung der Medizinalpersonen und die Beurteilung gerichtlich-medizinischer Fragen zuständig war (Verwaltungsbericht 1846/47, S. 90).

Durch das grossrätliche Dekret vom 28. Mai 1848 wurden dann definitiv die beiden Expertenbehörden geschaffen, welche die Direktion inskünftig bei der Besorgung des Gesundheitswesens unterstützten:

1. "ein Sanitätskollegium zu Begutachtung von Fragen, zu deren Erörterung medizinische Kenntnisse erforderlich sind, und welche ihr von der Direktion des Innern oder der Polizei- und Gerichtsbehörden vorgelegt werden."
2. "eine Sanitätskommission zur Prüfung der Medizinalpersonen. Dieselbe wird aus der Zahl derjenigen Mitglieder des Sanitätskollegiums gewählt, welche nicht Lehrer der Hochschule sind." (Gesetze, Dekrete und
Verordnungen des Kantons Bern, 1848; S. 30)

Das alte Sanitätskollegium wurde am 1. September 1848 aufgelöst und die beiden neugeschaffenen Organe eingesetzt. Ihre Organisation und genauen Kompetenzen sind in einem besonderen Reglement festgehalten, welches unter anderem das Sanitätskollegium in eine medizinische, pharmazeutische und eine Veterinärsektion aufteilte. Der Aufgabenbereich der Sanitätskommission wurde später durch die Einführung der Konkordatsexamen im Jahre 1868 stark eingeschränkt und 1882 ersetzte man sie durch eine spezielle Prüfungskommission für Zahnärzte.
Zurück ins Jahr 1847. Im Juni wurde wegen Geschäftsüberladung des Direktors des Innern, J.R. Schneider, das Gesundheitswesen als besondere Abteilung der Direktion dem neugewählten Regierungsrat S. Lehmann zur selbständigen Leitung übertragen. Diese Lösung entsprach dem Artikel 38 des Organisationsgesetzes vom 25. Januar 1847, wonach die Regierungsmitglieder, welche keiner Direktion vorstanden, den am meisten belasteten Direktionen zur Besorgung bestimmter Verwaltungszweige beigeordnet werden konnten. Infolge des Regierungswechsels von 1850 wurde jedoch diese Abteilung wieder aufgehoben und der neue Direktor des Innern, L. Fischer, leitete das Sanitätswesen selbst. Schon 1854 kehrte man, nach dem Wiedereintritt von S. Lehmann in die Regierung, erneut zur Aufgabenteilung von 1847 zurück. (Der Vorsteher zeichnete als "Direktor des Innern, Abteilung Sanitätswesen". Ab 1858 existiert ein eigener Verwaltungsbericht der Abteilung.) - All diese organisatorischen Veränderungen hatten übrigens keine Auswirkung auf die Registratur und Aktenbildung.

Von 1862 bis 1898 gehörte das Sanitätswesen, zusammen mit der Volkswirtschaft, wieder unmittelbar zur Direktion des Innern, während sich das Gemeinde- und Armenwesen vorerst als selbständige Direktionsabteilungen und später in den 1870er Jahren als eigene Direktionen von ihr ablösten. Das Dekret vom 22. Mai 1889 über die Einteilung und Verwaltung der Direktionen brachte beim Sanitätswesen lediglich insofern eine Änderung, als die Viehgesundheitspolizei der Landwirtschaftsdirektion zugeteilt wurde (ab 1. Februar 1891); die entsprechende Geschäftskontrolle (V) und Aktenserie wurden von dieser übernommen.

Bereits 1884 war übrigens die Irrenanstalt Waldau von der Insel- und Ausserkrankenhauskorporation getrennt worden und ging in das Eigentum des Staates und dessen Verwaltung über. Die Aufsicht, später auch über die Anstalt Münsingen, übertrug man einer Aufsichtskommission der kantonalen Irrenanstalten.

Neue Verhältnisse schuf das Dekret vom 30. August 1898 über die Umschreibung und Organisation der Direktionen des Regierungsrates, welches die Staatsverwaltung in 16 "Verwaltungen" aufteilte. Aus ihnen wurden neun Direktionen gebildet, wobei die Zuteilung der Verwaltungszweige durch Beschluss des Grossen Rates zu Beginn jeder Legislaturperiode zu erfolgen hatte. Die Verwaltung der Sanität war im Dekret wie folgt umschrieben:

"Sie hat die öffentliche Gesundheitspflege und die Gesundheitspolizei, mit Ausschluss der Viehgesundheitspolizei, die Leitung der Staatsheilanstalten und die Aufsicht über die Privatheilanstalten zu besorgen." (Gesetze, Dekrete und Verordnungen des Kantons Bern, 1898; S. 319)

Nach Inkrafttreten des Dekrets wurde die Sanitätsverwaltung von der Direktion des Innern abgetrennt und mit der Verwaltung der Polizei, ab 1910 mit derjenigen des Gemeindewesens zu einer Direktion vereinigt. Faktisch bestand indessen ab 1899 eine eigenständige Sanitätsdirektion, welche mit der Polizeidirektion bzw. der
Gemeindedirektion durch den gleichen Regierungsrat als Vorsteher verbunden war.

Es bleibt zu ergänzen, dass anlässlich der Reform von 1898 die Lebensmittelpolizei, die bisher zum Sanitätswesen gehörte, von diesem getrennt wurde und bei der Direktion des Innern verblieb, welche inskünftig ausschliesslich für die Volkswirtschaft zuständig war. (Die entsprechenden Geschäftsakten sind allerdings schon ab 1888 im Bestand BB IV: Inneres/Volkswirtschaft archiviert.) Ohne Auswirkungen blieb die Reorganisation von 1898 auf die Aktenregistratur im Gesundheitswesen; die Sanitätsdirektion führte die bestehenden Geschäftskontrollen und Aktenserien unverändert weiter.

1919 verabschiedete der Grosse Rat, gestützt auf die Bestimmungen von 1898, für die Sanitätsdirektion ein eigenes Organisationsdekret. Die Aufgaben und Kompetenzen der beiden Chefbeamten, Direktionssekretär und Kantonsarzt, wurden in einem besonderen Reglement vom 21. Oktober 1921 festgehalten (siehe Anhang 6). Artikel 4 regelte unter anderem die Aktenregistratur: alle ein- und ausgehenden Schriftstücke beider Amtsstellen mussten auf dem Sekretariat in die Geschäftskontrollen eingetragen werden. Bereits 1911 war eine Neuordnung des Sanitätskollegiums vorgenommen worden.

Die inhaltliche Strukturierung des Bestandes BB XI folgt wie gewohnt dem Grundsatz "Allgemeines - einzelne Bereiche", was unbedingt zu berücksichtigen ist, will man das vorhandene Quellenmaterial zu einem bestimmten Forschungsgegenstand systematisch erfassen.

Im Oktober 1989 / Hu
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:Siehe auch:
Viehseuchenpolizei, 1900-1953 (Gliederungsgruppe I)

Fortsetzung siehe:
BB 2 Gesundheitsdirektion, 1809-2002 (Bestand)
 

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